Drohende Zahlungsunfähigkeit

Der Gläubigerschutz ist bei Kapitalgesellschaften, wo die Haftungsmasse auf das Grundkapital beschränkt ist, von besonderer Wichtigkeit. Artikel 725 OR befasst sich mit dem Risiko einer bevorstehenden Zahlungsunfähigkeit (Illiquidität) des Unternehmens und sieht diesbezüglich verschiedene Handlungspflichten vor. Die Bestimmungen sind in eine Gesamtheit von Pflichten im Bereich finanzielle Führung eingebettet.

Eine drohende Zahlungsunfähigkeit entsteht normalerweise nicht von heute auf morgen, sondern kündigt sich über einen längeren Zeitraum an. Um eine Zahlungsunfähigkeit zu verhindern, sieht das Gesetz ein ganzes Gerüst von Pflichten und Massnahmen vor. Die Einhaltung dieser Pflichten auf verschiedensten Ebenen sind "Chefsache". Die Konzeption und Überwachung sind Aufgabe des obersten Leitungsorgans (bei AG der Verwaltungsrat). 

Die Vorschriften gelten ebenfalls bei der GmbH, Genossenschaft sowie beim im Handelsregister eintragungspflichtigen Verein. Im Stiftungsrecht gelten mit Art. 84a ZGB sinngemäss identische Vorschriften, wobei noch strenger, da bei drohender Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung umgehend die Aufsichtsbehörde benachrichtigt werden muss. Somit müssen auch Stiftungen ihre Zahlungsfähigkeit proaktiv unter Kontrolle haben.

Die Pflicht zur Überwachung der Liquidität ergibt sich bereits aus Art. 716a OR, wonach der Verwaltungsrat die Oberaufsicht über die Ausgestaltung der Finanzkontrolle und Finanzplanung hat sowie im Falle der Überschuldung den Richter benachrichtigen muss.

Weiter verlangt das Gesetz, dass die Rechnungslegung auf Annahme der Fortführung des Unternehmens auf absehbare Zeit basiert, was genügend Cashflow für den zukünftigen Zeitraum von zwölf Monaten voraussetzt (vgl. Art. 958a OR).

Grössere Unternehmen müssen eine Geldflussrechnung erstellen sowie im Lagebericht eine Risikobeurteilung vornehmen.

Das nicht befolgen der gesetzlichen Pflichten kann im Falle eines Konkurses darauf hinweisen, dass Pflichtverletzungen vorliegen.

Gerüst der gesetzlichen Pflichten und Sicherungsmassnahmen im Bereich Gläubiger- und Aktionärsschutz bei der AG:

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