Ordnungsmässigkeit der Buchführung und Jahresrechnung

Das schweizerische Rechnungslegungsrecht regelt die Grundsätze ordnungsmässiger Buchführung (Art. 957a OR) sowie ordnungsmässiger Rechnungslegung (Art. 958c Abs. 1 OR).

Die Grundsätze ordnungsmässiger Buchführung werden bei komplexen, prozessorientierten ERP’s nicht immer ohne weiteres erfüllt. Buchungsrelevante Sachverhalte werden aus Prozessmodulen generiert und die Buchungsvorgänge sind schwierig nachvollziehbar. Auch wenn eine ergebnisorientierte Abstimmung und Prüfung der Bestände möglich ist, muss der Wertefluss bezüglich Vollständigkeit und Wahrheitstreue geprüft werden können.

Im Evaluationsverfahren eines ERP’s wird die Anforderung bezüglich gesetzliche Ordnungsmässigkeit der Buchführung und Rechnungslegung gerne vernachlässigt. Erst im praktischen Gebrauch stellt man fest, dass formelle Nachweise über bestimmte Geschäftsvorfälle nur sehr umständlich und mit speziellen Reports generiert werden können.

Bei Streitigkeiten unter / mit Aktionären bekommt die Ordnungsmässigkeit der Buchführung unter dem Aspekt Auskunft und Einsicht (Art. 697ff OR) eine besondere Bedeutung. Dies verschärft mit dem Aktienrecht 2023, wo Aktionäre, die zusammen mindestens 10% des Aktienkapitals oder der Stimmen vertreten, vom Verwaltungsrat auch ausserhalb der Generalversammlung, schriftlich Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft verlangen können (Art. 697 Abs. 2 OR). Der Verwaltungsrat muss die Auskunft innert vier Monaten erteilen.

Eine Einsicht in die Geschäftsbücher (Buchhaltungsunterlagen) und Akten (z.B. Belege) ist bereits mit 5% Aktienkapital oder Stimmen möglich (vgl. Art. 697a Abs. 1 OR). Der Verwaltungsrat muss die Einsicht innert vier Monaten nach Eingang der Anfrage gewähren. Die Aktionäre dürfen Notizen machen.

Grundsätze ordnungsmässiger Buchführung (Art. 957a Abs. 1 OR) - Prozess der Erfassung, Verarbeitung und rohe Ausgabe der Buchungssachverhalte

 

  • die vollständige, wahrheitsgetreue und systematische Erfassung der Geschäftsvorfälle und Sachverhalte (Vollständigkeit muss sichergestellt sein)
  • Belegnachweis für die einzelnen Buchungsvorgänge

  • Klarheit

  • Zweckmässigkeit mit Blick auf die Art und Grösse des Unternehmens

  • Nachprüfbarkeit

Grundsätze ordnungsmässiger Rechnungslegung (Art. 958c OR) - Berichterstattung, d.h. Endverarbeitung der rohen Buchhaltungsdaten im Rahmen der offiziellen Rechenschaftsablage über die gesetzliche Rechnungslegung

 

  • muss klar und verständlich sein - Klarheit
  • muss vollständig sein - Vollständigkeit
  • muss verlässlich sein - Verlässlichkeit
  • muss das Wesentliche enthalten - Wesentlichkeit
  • muss vorsichtig sein - Vorsichtsprinzip und Niederstwertprinzip (grundsätzlich gilt das Kostenwertprinzip)
  • bei Darstellung und Bewertung sind stets die gleichen Massstäbe zu verwenden - Bilanzkontinuität / Stetigkeit
  • Aktiven und Passiven sowie Aufwand und Ertrag dürfen nicht miteinander verrechnet werden - Verrechnungsverbot / Bruttoprinzip

 

Allgemein anerkannte Grundsätze der Rechnungslegung, welche schon immer galten müssen auch bei komplexen ERP-Systemlösungen zu berücksichtigt werden. Die Rechenschaftsablage bis zum einzelnen Geschäftsvorfall und Buchungssachverhalt muss nachgewiesen und dokumentiert sein. Es gilt: Was nicht dokumentiert ist hat nicht stattgefunden.

Weiteres zur Thematik ist ebenfalls unter der Rubrik Rechnungslegung in der Schweiz zu finden.

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